Editorial: Lehrer:innenbildung unter der Perspektive von Inklusion und Digitalisierung
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OER
OEP
Inclusion
Digitalisation
Editorial

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Glawe, Katrin, Anna-Maria Kamin, Jana Herding, and Petra Büker. 2024. “Editorial: Lehrer:Innenbildung Unter Der Perspektive Von Inklusion Und Digitalisierung: Mit Offenen Bildungsressourcen (OER) Zu Offenen, Innovativen Bildungspraktiken (OEP)”. MediaEducation: Journal for Theory and Practice of Media Education 62 (InDigO):i-x. https://doi.org/10.21240/mpaed/62/2024.07.11.X.

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Copyright (c) 2024 Katrin Glawe, Anna-Maria Kamin, Jana Herding, Petra Büker

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https://doi.org/10.21240/mpaed/62/2024.07.11.X

1. Lehrer:innenbildung unter der Perspektive von Inklusion und Digitalisierung: Einleitung

Die Modernisierung der Bildungslandschaft spielt in aktuellen Transformationsprozessen hin zu digitalen Wissensgesellschaften in vielen Ländern eine zentrale Rolle. In einer «Kultur der Digitalität» (Stalder 2016) sind digitale Kompetenzen und Fertigkeiten für Lehrende und Lernende unabdingbar, um sich im Sinne des lifelong learning Wissen erschliessen und dieses nutzen zu können. Inzwischen sind sie auch unabdingbar für soziale Teilhabe und Kommunikation. Aktuelle bildungswissenschaftliche und medienpädagogische Ansätze betonen die besonderen Chancen einer guten digitalen Bildung für die Verbesserung von Chancengerechtigkeit. Hierzu bedarf es jedoch der Entwicklung niederschwellig zugänglicher digitaler Bildungsräume, in denen hochwertige Bildungsmedien und -materialien ebenso wie digitale Plattformen zur kommunikativen Vernetzung von Lehrenden und Lernenden zur Verfügung gestellt werden. In diesem Zusammenhang bildet die Entwicklung von freien, offenen Bildungsmaterialien, sogenannten Open Educational Resources (OER), in Verbindung mit offenen, kollaborativen Praktiken des Teilens solcher Ressourcen in sogenannten Open Educational Practices (OEP) (Bellinger und Mayrberger 2019; Hegarty 2015) eine wichtige Voraussetzung. In Deutschland werden bildungspolitisch seit einigen Jahren zahlreiche Initiativen zur Entwicklung solcher OER-förderlicher, digitaler Ökosysteme ergriffen. Das OER-/OEP-Strategiepapier der Bundesregierung (BMBF 2022) betont im Rekurs auf die UNESCO-Empfehlung zu OER (2019) die besonderen Inklusionspotenziale, wenn über OER Bildungsinhalte jederzeit und überall für alle zugänglich gemacht werden, darunter Menschen mit Behinderungen und Menschen aus marginalisierten oder benachteiligten Gruppen. Sie heben auch die Möglichkeiten hervor, über ein vielfältiges Angebot von OER individuellen Lernbedürfnissen gerecht zu werden und über neue Formen des Austauschs Expertisen zu vernetzen. Im Rahmen der BMBF-Förderstrategie «Bildungsoffensive für die digitale Wissensgesellschaft» werden bundesweit ebenso wie auf Länderebene Pilotvorhaben realisiert, die sich sowohl auf die Entwicklung von Inhalten, von neuen Praktiken des Kooperierens in sogenannten OER-Fachcommunities als auch von geeigneter Infrastruktur beziehen. Die Hochschulen sind in diesen Förderprojekten häufig als Pioniere adressiert, da sie Zukunftskompetenzen vermitteln sollen und einen hohen Multiplikationsgrad aufweisen. Insbesondere für die inklusionsorientierte Lehrkräftebildung gilt, dass Studierende im Sinne des «pädagogischen Doppeldeckers» (vgl. Büker et al. 2022) bereits im Studium Erfahrungen sammeln und Kompetenzen erwerben sollen, die sie in ihrer späteren beruflichen Praxis für ihre Schüler:innen in adaptiven Lernsettings umsetzen: So lassen die Entwicklung, der Einsatz und die Nutzung von OER in einer an den Lernvoraussetzungen und Bedarfen der Studierenden orientierten, heterogenitätsorientierten Lehre sowie das Kennenlernen der Möglichkeiten einer «Kultur des Teilens» in Form offener Bildungspraktiken gerade in der Lehrkräftebildung vielfältige Potenziale erwarten, deren empirische Überprüfung allerdings weitgehend aussteht.

Dieser Ausgangslage folgend wurden unter Federführung der Universitäten Paderborn und Bielefeld zwei zeitlich aufeinanderfolgende Projekte realisiert, die zum einen der Entwicklung inklusionsorientierter OER (Projekt inklud.nrw), zum anderen der Erprobung der Nutzung solcher offener Bildungsressourcen in variantenreichen Formen der Kollaboration gewidmet waren (Projekt InDigO). Beide Projekte adressieren primär Lehrende als Protagonisten einer neuen Lehr-/Lernkultur. Das Projekt «inklud.nrw» steht für «Inklusion und Digitalisierung in der Lehrer:innenbildung vernetzen». Es wurde im Zeitraum 2020 bis 2022 vom Ministerium für Wissenschaft und Kultur des Landes NRW zusammen mit der Digitalen Hochschule NRW in der Förderlinie OERcontent.nrw gefördert. Im Verbund mit vier lehrerbildenden Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen wurde eine fallbasierte digitale Lehr-/Lernumgebung für die bildungswissenschaftliche Lehrkräftebildung entwickelt, erprobt und evaluiert, die den Anforderungen an eine Open Educational Ressource (OER) entspricht (vgl. Büker et al. 2022; Kamin et al. 2023). Das Material wurde für den Einsatz in inklusions- und heterogenitätsorientierten Modulen des Grundschullehramtes, des Lehramts für Sonderpädagogik sowie affinen Studiengängen konzipiert und zielt auf eine Unterstützung der Kompetenzentwicklung Studierender im Bereich der Gestaltung inklusiv-medialen Unterrichts. Neben der OER-fähigen Lehr-/Lernumgebung und den aufschlussreichen Evaluationsergebnissen hinsichtlich der Qualitätsanforderungen an OER (vgl. ebd. sowie Stets und Vielstädte 2022) entstand eine OER-Entwicklungs-Community aus langjährig erfahrenen Lehrenden und Berufseinsteiger:innen, deren fachliche und hochschuldidaktische Expertisen massgeblich zu dem erreichten wissenschaftlichen Qualitätsstandard des OER-Materials beigetragen haben. Die Grundidee, dass OER erst im Rahmen von Offenen Bildungspraktiken (Open Pedagogy, Hegarty 2015) ihre Wirkkraft entfalten können, führte zur Entwicklung des Projekts InDigO, dessen Ergebnisse im Mittelpunkt des vorliegenden Themenheftes der Zeitschrift MedienPädagogik stehen. InDigO steht für «Inklusion und Digitalisierung im OER-Format lernen, weiterentwickeln und verbreiten». Es wurde im Zeitraum von 2021 bis 2023 durch das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW als Pilotvorhaben zur Umsetzung des strategischen Ziels, die auf der Landesplattform ORCA.nrw zur Verfügung gestellten OER in Learning Communities zu nutzen, gefördert. Die OER-Community des Projekts inklud.nrw wurde hier um Lehrende aus drei weiteren Hochschulen des Landes NRW sowie der Geschäftsstelle ORCA.nrw als Projektpartner erweitert. Ziel dieses Projekts war es, eine kollaborative Lehr-/Lernkultur des «Teilens» von offenen Bildungsressourcen in verschiedenen Kooperationsformaten und am Beispiel der Querschnittsaufgabe Inklusion in Lehrveranstaltungen der Grundschulpädagogik und der Sonderpädagogik zu erproben und über eine begleitende, formative Evaluation Aufschlüsse über Voraussetzungen, Professionalisierungschancen, Hürden und Gelingensbedingungen dieser Open Educational Practices (OEP) aus Sicht der Netzwerkmitglieder zu erhalten. Dazu bildeten Lehrende aus zwei Hochschulstandorten jeweils ein Kooperations-Tandem, innerhalb dessen OEP im Kontext von Vorlesungen, Seminaren, gegenseitigen Gastbeiträgen sowie hochschulstandortübergreifenden digitalen Arbeitssitzungen mit Studierenden erprobt wurde. Technisch wurde dazu eine offene Moodle-Instanz bereitgestellt, auf der auch Entwicklungsarbeit möglich war, und hinsichtlich der spezifischen Anforderungen evaluiert. Unter der Leitung von Petra Büker und ihrem Team aus dem Arbeitsbereich Grundschulpädagogik und Frühe Bildung der Universität Paderborn, Gudrun Oevel und ihrem Team aus dem Institut für Informations- und Medientechnologien der Universität Paderborn und Anna-Maria Kamin und ihrem Team aus dem Arbeitsbereich Medienpädagogik im Kontext schulischer Inklusion der Universität Bielefeld bauten die Projektpartner:innen aus den Universitäten Dortmund, Duisburg-Essen, Köln, Siegen, Bielefeld und Wuppertal in explorativer Weise eine Learning Community auf, die über variantenreiche Kooperationsformen und deren Evaluation grundlegende Erkenntnisse über das «Handwerk des Teilens» von OER gewinnen konnte. Die Ergebnisse des Projekts wurden im November 2023 im Rahmen einer interdisziplinär ausgerichteten Transferveranstaltung der interessierten (Fach-)Öffentlichkeit vorgestellt und unter den Perspektiven einer inklusionsorientierten Lehrkräftebildung, einer Inklusiven Medienbildung, einer innovativen Hochschuldidaktik sowie unter sozio-technischen Gesichtspunkten diskutiert.

Wir freuen uns sehr, dass sich zahlreiche Kolleg:innen aus den Projektpartner-Hochschulen sowie die beiden Keynotesprecher:innen der Tagung, Kerstin Mayrberger und Daniel Otto, bereit erklärt haben, ihre Erfahrungen, Erkenntnisse und Lösungsansätze in einem gemeinsamen Themenheft zu präsentieren. Zur Qualitätssicherung wurden die Beiträge durch die Autor:innen in einem offenen kollegialen double peer-review Verfahren gegenseitig begutachtet. Die Beiträge repräsentieren das für gelingende OER und OEP-Prozesse unerlässliche interdisziplinäre Zusammenspiel aus Inhalt (hier: inklusionsorientierte Lehrkräftebildung), Medienpädagogik und Hochschuldidaktik sowie Technik.

Von OER zu OEP – dies ist ein logischer, allerdings auch ein sehr voraussetzungsvoller Schritt zur Gestaltung der eingangs erwähnten neuen digitalen Bildungslandschaften mit den ihr innewohnenden Chancen. Am Beispiel der inklusionsorientierten Lehrkräftebildung kann gezeigt werden, dass es nicht darum gehen kann, neuen Wein (hier neue Praktiken des Teilens von Wissen, Materialien und Lehrkonzepten in der Hochschullehre) in alte Schläuche zu giessen: Vielmehr erfordern offene Bildungspraktiken eine Transformation herkömmlicher Strukturelemente von Hochschulbildung, angefangen bei Raumarchitekturen, Interaktionsformen in Veranstaltungen bis hin zu zeitgemässen Prüfungsformen. Darüber hinaus war erkennbar, dass das Erstellen, Weiterverarbeiten und Teilen von Materialien im Sinne der 5V-Freiheiten (vgl. Muuß-Merholz 2015) eine umfängliche Medienkompetenz von Lehrenden erfordert. Dies gilt insbesondere, wenn die Materialien auch dem Anspruch an digitale Barrierefreiheit entsprechen sollen. Dennoch hat sich gezeigt, dass das Interesse am gemeinsamen Gegenstand – hier der inklusionsorientierten Lehrkräftebildung mit all ihren Herausforderungen, Antinomien und Chancen – Anreiz, Klammer und «Durchhaltegrund» für die neuen Praktiken der Kooperation und Kollaboration bildet. Diese und zahlreiche weitere Lösungsansätze und Befunde werden in den Beiträgen des vorliegenden Hefts ausführlich vorgestellt. Unser Ziel ist, hierdurch anschlussfähige Impulse zur weiteren Diskussion um OER und OEP in der Hochschulbildung, deren curriculare Verankerung sowie Ansatzpunkte für die weiterhin ausbaufähige theoretische und empirische Fundierung der neuen «Kultur des Teilens» zu geben. Darüber hinaus möchte das Themenheft Mut machen, sich trotz zahlreicher Hürden an dem Prozess der Umsetzung von OER und OEP zu beteiligen. Wir bedanken uns ausdrücklich auch bei denjenigen Projektpartner:innen, die hier nicht mit einem eigenen Beitrag vertreten sind und die die Projekte inklud.nrw und InDigO mit ihrem grossen Engagement mitgestaltet und mitgeprägt haben.

Projektpartner:innen des Projekts inklud.nrw waren:

  • Universität Paderborn: Petra Büker, Katrin Glawe, Jana Herding; Gudrun Oevel, Moritz Knurr,
  • Universität Bielefeld: Anna-Maria Kamin, Franziska Schaper, Insa Kristin Menke; Susanne Miller, Mona Stets,
  • Universität Duisburg-Essen: Ingelore Mammes, Veronika Becker, Annika Gooß,
  • Universität Siegen: Jutta Wiesemann, Annika Gruhn, Teresa Vielstädte, Swaantje Brill.

Projektpartner:innen des Projektes InDigO waren:

  • Universität Paderborn: Petra Büker, Katrin Glawe, Jana Herding, Sina Gantenbrink; Gudrun Oevel, Moritz Knurr, Daria Sauter,
  • Universität Bielefeld: Anna-Maria Kamin, Franziska Schaper, Tim Tibbe, Nicole Otten; Susanne Miller, Mona Stets, Lea Walkenhorst,
  • ORCA.nrw: Markus Deimann, Julien Pyrasch, Caroline Striebeck,
  • Universität Essen-Duisburg: Ingelore Mammes, Veronika Becker,
  • Universität Siegen: Jutta Wiesemann, Annika Gruhn, Alina Schulte-Buskase,
  • Universität zu Köln: Petra Hanke, Bernadette Bernasconi,
  • Universität Wuppertal: Gino Casale, Bodo Przibilla, Aleksandra Stalmach,
  • TU Dortmund: Silvia-Iris Beutel, Adriana Kilisch.

2. Beiträge

Der erste Beitrag «Von der Entwicklung von Open Educational Resources zur Umsetzung von Open Educational Practices in der inklusiven Lehrkräftebildung: Anforderungen und Lösungswege am Beispiel der Projekte Inklud.nrw und InDigO» von Petra Büker, Anna-Maria Kamin, Katrin Glawe, Jana Herding und Franziska Schaper (2024) beschreibt die Implikationen für die Umsetzung einer neuen Lehr-/Lernkultur innerhalb der universitären Lehrkräftebildung anhand identifizierter Anforderungen, erprobter Vorgehensweisen und gewonnener Erfahrungen im Rahmen der Verbundprojekte inklud.nrw und InDigO. Primär richten sich beide Projekte an Lehrende als Protagonist:innen einer neuen Lehr-/Lernkultur und intendieren die systematische Gewinnung von Erfahrungen sowie von evaluationsbasierten Erkenntnissen hinsichtlich der Bedarfe, Herausforderungen und Gelingensbedingungen im Kontext von OER und Open Educational Practice (OEP) in der Lehrkräftebildung.

Daniel Otto (2024) gibt in seinem Beitrag «Von der (normativen) Idee zur (pädagogischen) Praxis. Eine kritische Betrachtung von 20 Jahren OER aus der Perspektive einer gestaltungsorientierten Bildungsforschung» einen Überblick über die Genese von OER. Dabei zeigt er strukturelle Probleme der Ausrichtung der empirischen Bildungsforschung in Bezug auf OER auf und plädiert für eine pragmatischere Top-down-Perspektive, die die Bottom-up-Bewegung ergänzen sollte, die insbesondere für die Entstehungsphase charakteristisch war.

Auf der Grundlage empirischer Befunde, einer Bedarfsanalyse unter den Projektpartner:innen und Rechercheergebnissen bündeln Sina Gantenbrink und Moritz Knurr (2024) in ihrem Beitrag «Wo muss ich klicken? Gestaltungsprinzipien für ein OEP-förderliches digitales Ökosystem – von der Idee einer Wunschplattform»Vorschläge für die Konzeptionierung einer an den Anforderungen von Nutzer:innen ausgerichteten Infrastruktur. Dabei steht die Synthese technologischer Möglichkeiten und fachdisziplinärer Anforderungen im Vordergrund, um den Austausch und die Vernetzung im Hinblick auf eine Kultur des Teilens zu fördern.

Nicole Otten (2024) diskutiert anschliessend «Digitale Barrierefreiheit im Kontext von OER exemplarisch anhand des InDigO-Projekts» und präsentiert einen Vorschlag für ein Modell mit drei Dimensionen einer ganzheitlich digital barrierefreien OER-Nutzung. Im Rahmen des Beitrags wird argumentiert, dass ein umfassender digital barrierefreier Zugang zu OER zentral ist, um deren Potenziale in Bezug auf Teilhabe an Bildung gerecht zu werden. Erfahrungen aus dem Projekt InDigO werden dabei systematisch mit theoretischen Grundlagen der digitalen Barrierefreiheit und bildungspolitischen Rahmungen verschränkt.

Kerstin Mayrberger (2024) führt in ihrem Beitrag «Open Educational Practices (OEP) als kollektive Hochschulbildungspraxis in der (Post-)Digitalität. Zusammenschau und Diskussion unter besonderer Berücksichtigung von Partizipation und Bildungsgerechtigkeit in einer Kultur des Teilens» bildungspolitische und medienpädagogische Diskurse zusammen. Sie postuliert, dass OEP in der empirischen Forschung bisher wenig Beachtung gefunden haben, aber dennoch sehr bedeutsam für die transformative Hochschulbildung sind, da sie dazu beitragen, (medien-)pädagogische Entwicklungen in der (Hochschul-)Bildung voranzutreiben. Der Beitrag plädiert für einen ganzheitlichen Ansatz von OEP, der sowohl die Schaffung offener Bildungsressourcen als auch die Förderung einer partizipativen Bildungskultur umfasst. Abschliessend werden lösungsorientierte Handlungsempfehlungen aufgezeigt.

Im Rahmen des Beitrags «(Qualitäts-)Ansprüche an OER. Zur Entwicklung eines Kriterienkatalogs für OER im Kontext von inklusionsbezogener Lehrkräftebildung» von Veronika Becker, Franziska Schaper, Alina Schulte-Buskase und Tim Tibbe (2024) wird die themenspezifische Entwicklung eines Modells für OER-Gütekriterien präsentiert und werden potenzielle Auswirkungen auf den Umgang mit OER in der Lehre diskutiert. Die Autor:innen stellen den summativen und prozessbegleitenden Wert von Kriterienkatalogen als Reflexionsinstrumente in den Vordergrund. Zudem werden Hürden aufgezeigt, beispielsweise der normative Druck, der durch eine Nutzung solcher Kriterien entstehen kann.

Alina Schulte-Buskase und Annika Gruhn (2024) beschreiben in ihrem Beitrag «Open Educational Practices mit, durch und trotz OER. Hochschuldidaktische Implikationen zur Arbeit mit Open Educational Resources in der inklusionsorientierten Lehrkräftebildung» exemplarisch die Zusammenarbeit der Standorte Siegen und Wuppertal im Rahmen des Projekts InDigO und reflektieren die Entwicklung einer neuen pädagogischen Praxis vor dem Hintergrund zugesprochener Potenziale von OER. Es zeigt sich, dass die Materialität von OER durchaus hochschuldidaktische Planungsprozesse beeinflusst und sich insbesondere auf die scheinbare Geradlinigkeit des Constructive Alignments auswirkt.

Der Beitrag «Inklusionsorientierte Gestaltung von Übergängen in Schule. Ein gemeinsames Seminarkonzept der Hochschulstandorte Bielefeld und Köln auf der Basis von OER» von Bernadette Bernasconi, Mona Stets, Lea Walkenhorst, Petra Hanke und Susanne Miller (2024) fokussiert anschliessend die Kooperation der Standorte Köln und Bielefeld im Projekt InDigO. Zunächst wird das Kooperationskonzept im Zusammenhang zweier Veranstaltungen zur Übergangsthematik beschrieben, bevor die Reflexionsergebnisse einer digital-gestützten, anonymen Befragung von Studierenden vorgestellt werden. Im Zuge dessen wird neben Herausforderungen, mit denen sich Lehrende und Studierende bezüglich des Einsatzes der OER konfrontiert sahen, deutlich, dass das Kooperationssetting insgesamt als sehr positiv wahrgenommen wurde.

Veronika Becker und Ingelore Mammes (2024) werfen in ihrem Beitrag «Open Educational Practice – Community-Building im dialogischen Gastaustausch am Beispiel der universitären Standorte Dortmund und Duisburg-Essen» ebenfalls einen Blick auf die im Projekt InDigO praktizierte Zusammenarbeit in Tandems. Im Rahmen der Kooperation wurden für beide Standorte Lehrkonzepte dialogisch erarbeitet. Exemplarisch werden das Konzept des Standorts Duisburg-Essen vorgestellt und Chancen und Hindernisse des Einsatzes von OER diskutiert. Insbesondere die Kontextualisierung von Rohmaterialien sowie die Entwicklung von OER auf einem übergeordneten Abstraktionsniveau erweisen sich hier als zentral.

Sina Gantenbrink und Tim Tibbe (2024) präsentieren im Beitrag «Kollaborative Nutzung und Weiterentwicklung von Open Educational Resources. Eine Studie zu Gelingensbedingungen am Beispiel der inklusionsbezogenen Lehrer:innenbildung in NRW im Projekt InDigO» abschliessend die zentralen Ergebnisse der empirischen Begleitforschung des Projekts InDigO. Ausgewertet wurden prozessbegleitende Logbücher sowie Gruppendiskussionen der projektbeteiligten Lehrenden. Nach der Darstellung theoretischer und konzeptioneller Vorüberlegungen werden Ergebnisse zu Gelingensbedingungen und Herausforderungen im Rahmen der Umsetzung von OEP referiert. Daraus wird die Empfehlung abgeleitet, dass die Kompetenzentwicklung der Lehrenden im Sinne eines «Handwerks des Teilens» fokussiert werden sollte, um den vielfältigen Herausforderungen dieser neuen Lehr-/Lernkultur zu begegnen. Darüber hinaus wird der Einfluss von OER und Tandemkooperationen auf die Lehre analysiert.

Paderborn und Bielefeld, im Juli 2024

Katrin Glawe, Anna-Maria Kamin, Jana Herding, Petra Büker

References

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